LOC 600 bis 699: «Die Grenze in der Ferne»
Das Erwachensereignis, in dem man das «Nicht-Ich» findet, ist der Beginn einer großen spirituellen Reise und nicht ihr Ende. Ja, es ist «Erleuchtung,» aber es ist kein Ort, um sich nieder zu lassen. Es ist noch nicht an der Zeit dein «Spiritueller Lehrer» Praxisschild aufzuhängen.
Wenn du beschließt, dich in dieser Ebene als Lehrer zu kristallisieren, läufst du Gefahr deinen spirituellen Fortschritt einzudämmen. Du bist nicht fertig. In den LOC 600ern bist du nicht einmal zur Hälfte auf dem Weg zum Gipfel. Deine Überzeugung, dass du am Ende des Wegs angelangt bist, wird dich dazu verleiten deine spirituelle Übung aufzugeben. Du hörst mit der Selbstbefragung auf. Du hörst auf die großen Meister zu lesen.
Der Weise des LOC 600 ist wie der einäugige König im Land der Blinden. Er kann sehen, was der gewöhnliche Mensch nicht sehen kann.
Er hat es gesehen und ist in einen offenen Raum des reinen Seins erwacht. Sein Leben wurde transformiert. Für die meisten Weisen der LOC 600er scheint es, als wäre dies genug. Sie fühlen sich vollständig. Sie sind zufrieden.
Aber was ist mit denen, die mit dem Level ihres Verstehens und ihrer Realisierung nicht zufrieden waren? Wie sehen sie diese Ebene? Was haben sie vorgefunden, als sie die 600er transzendierten?
Das Hauptmerkmal der LOC 600er: Authentische Nicht-Anhaftung an Aktivitäten und Tätigkeiten
Basierend auf ihrer persönlichen Schilderung, sind die Lehrer der LOC 600er ein klassisches Beispiel von echter Erleuchtung, auch bekannt als «nicht der Handelnde oder der Tuer zu sein.» Sie wissen womöglich nicht einmal, dass das ein traditionelles und historisches Merkmal von nicht-dualer Realisierung ist, aber das ist es. Heutzutage wird es vielleicht als ein Leben in «Spontanität» und «Leichtigkeit» beschrieben.
Damit sich das Erwachen in «Erleuchtung» stabilisiert, muss die Person in Spontanität leben. Das ist kein mal ja mal nein Zustand. Es ist keine Gipfelerfahrung und kein vorübergehender Zustand. Es ist allgegenwärtige Wirklichkeit. Der Eindruck, der Handelnde zu sein, ist zerstört.
Nicht der Handelnde zu sein wird sehr genau in der Bhagavad Gita, Kapitel 5, Vers 8 und 9 beschrieben: «Ein Kenner der Wahrheit weiß, dass die Interaktion der Sinne mit ihren wahrgenommenen Objekten alles ist, was jemals geschieht. Er denkt niemals, dass er irgendetwas tut. Auch wenn er sieht, hört, fühlt, berührt, riecht, isst, sich bewegt, schläft, atmet, kackt, pisst, nach etwas greift, redet, seine Augen öffnet und schließt – er weiß immer, dass er in der Wirklichkeit der Situation absolut nichts tut.»
Der Kenner der Wahrheit lebt also spontan in dem Wissen, dass die physischen Sinne einfach ihrer Arbeit mit den wahrgenommenen Objekten nachgehen. Er ist abgegrenzt von ihnen und nicht-angehaftet an ihre Aktivitäten. Er ist über und jenseits von ihnen. Er ist von ihnen distanziert. Er ist frei von ihnen. Das ist authentische Nicht-Anhaftung an Aktivitäten.
Wenn dein spirituelles Erwachen bloß eine Art glückseliger Zustand oder eine Art von Beobachten ist, ist es nicht Erleuchtung. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Du bist dabei aufzuwachen, aber du bist noch nicht wach. Nicht der Handelnde zu sein ist der nachweisliche Prüfstein dafür.
Leben in der Wirklichkeit, nicht der Handelnde zu sein, ist eine schwerwiegende Anpassung für dich als ein menschliches Wesen. Diese Anpassung kann leicht sein oder sie kann schwierig sein, aber du kannst es einfach nicht übersehen. Es ist nicht nur irgendeine «lässige» Art zu leben, wo du «im Fluss des Jetzt» bist. Du bist nicht mehr der Handelnde. Das Tun ist gegangen. Es ist über das Gehen hinausgegangen!
(Seiten 290-291)
Der neue Weise glaubt, er könne und solle die Welt retten
In den LOC 600ern wird die Welt der Individuen, die mit dem physischen Körper als Handelnder identifiziert sind, negiert. Aber das bedeutet nicht, dass sie transzendiert ist. Da ist ein Janus-gleiches Zurückblicken auf die materielle Welt in den LOC 600ern.
Z.B. sagen manche 600er: «Jetzt, da ich erleuchtet bin, was kann ich tun, um zu helfen und die Welt zu verbessern?» Der LOC 600er wird es vielleicht nicht zugeben, aber er lebt in beiden Welten.
Er ist vielleicht nicht «von» der alten materiellen Welt, aber er ist noch immer «in» ihr. Die Welt und die Menschen da draußen sind für ihn noch immer substantiell. Eine Welt wahrzunehmen, die gerettet werden kann und soll, zeugt von einer massiven Identifikation mit der Welt-Idee.
Die Wirklichkeit seines «Nicht-Ichs» verwandelte die anderen Leute nicht in «keine anderen.» Es verwandelte die Welt nicht in «keine Welt.» Es brachte einen subjektiven Zustand des «Nicht-Ichs» und des «Nicht-Handelnden» hervor, welcher in einer objektiven Welt, die noch immer «da draußen» zu sein scheint, funktioniert. Es negiert die alte Art zu leben, aber es ist nicht die große Neugeburt in das große Selbst.
Wenn der Weise der LOC 600er glaubt, dass er im letztendlichen Zustand ist, wird er sagen, dass «Nicht-Ich» die letztendliche Wahrheit ist. Aber es ist nicht möglich, dass Negierung endgültig ist. Das Leben fordert, dass auf eine Verneinung eine Bejahung folgt.
Jenseits des Bereichs der Gegensätze herrscht das Paradox das wahren Friedens, der nichts von seinem Frieden weiß. Wahre Liebe weiß nicht, dass sie Liebe ist. Wahres Glück weiß nicht, dass es Glück ist.
Diese Gegensätze wurden in den 600ern nicht transzendiert. In den 600ern kämpft der Weise noch immer mit «Nicht-Ich» im Gegensatz zu anderen und der Welt.
Im LOC 1000, im Absoluten gegründet, im Selbst, sind jegliche Konzepte, jeglicher Eindruck von dem Anderen und jegliche Ideen von einer Welt vernichtet. Es klingt so, als müsse man alles aufgeben, und so ist es auch. Das ist es, was es braucht, um wahren Frieden, wahre Liebe und wahres Glück, die jenseits des Verstandes liegen, zu erlangen.
(Seiten 293-294)
Spirituelles Protokoll: Meine Reise vom «Nicht-Ich» zum «kosmischen Selbst»
Ramaji’s Übergang von LOC 683 auf LOC 776.
Anmerkung: Auch wenn es hierbei klare Parallelen gibt, werden diese Übergänge oder Bewusstseinssprünge unterschiedlich und oft auch als weniger radikal und einschneidend als nachfolgend von Ramaji geschildert erfahren.
Mein Übergang von den LOC 600ern («Nicht-Ich») zu LOC 776 («kosmisches Selbst») geschah im Jahr 2000. Ich führte in jener Zeit kein Tagebuch. Die meiste Zeit des Jahres verbrachte ich im Grunde in einem Schockzustand.
Ich beziehe mich auf den LOC 776 in der Überschrift dieses Kapitels, weil der Sprung vom «Nicht-Ich» zum «kosmischen Selbst» eine Bewegung von LOC 683 auf LOC 776 war. Als dieser Sprung passierte, war ich mir dessen nicht bewusst. Ich befasste mich in jener Zeit mit dem LOC 776 und den Auswirkungen dieses Sprungs.
Die Einträge in meinem Tagebuch zeigen die Entwicklung von LOC 776 zu LOC 793 in Vorbereitung auf den nächsten großen Sprung auf LOC 845. Diese Auszüge zeigen auf, wie ich vor und zurück ging, während ich mich in den LOC 700ern stabilisierte. Die späteren Einträge zeigen auf, was ich von dem Moment an erfuhr, als ich die Fülle dieser Ebene betreten hatte.
Die Geschichte, wie ich in die LOC 700er sprang, wird vielleicht nicht das sein, was du erwartest. Es war nicht das Resultat von tagelangem Meditieren auf einem Retreat. Das Ereignis, dieser spirituelle Schock, der hinter der großen Veränderung stand, war so erdig, wie es nur geht. Mein Herz wurde gebrochen.
Die kurze Version ist: ich hatte mich in eine 12 Jahre jüngere Frau verliebt. Die ersten Jahre war das okay. Ich war in meinen 40ern. Sie war in ihren 30ern. Aber dann tauchten Differenzen auf.
Es stellte sich heraus, dass es meine Vorstellung einer guten gemeinsam Zeit war, zu Hause zu bleiben und zusammen abzuhängen. Ihre Vorstellung einer guten gemeinsamen Zeit war es, einen Berg zu erklimmen oder andere neue Abenteuer zu erleben. Letztendlich fand sie einen anderen Liebhaber, als sie immer noch mit mir zusammen lebte. Es führte schließlich dazu, dass sie ihn heiratete.
Es gibt nichts wirklich Neues oder Originelles an so einer Geschichte. Das widerfährt Menschen jeden Tag auf der ganzen Welt. Der Unterschied war die Intensität der Auswirkung, die diese Trennung auf mich hatte.
Die Auswirkung ging weit über die Tatsache hinaus, dass ich sie immer noch liebte, als wir uns trennten. Es ist so, als würde man eine Atombombe einsetzen, um eine Fliege zu töten. Der emotionale Schlag nahm mir fast ein Jahr lang die Fähigkeit zu fühlen.
Diese Atombombe hatte meinen emotionalen Kreislauf völlig eingefroren. Ich war nicht mehr in der Lage etwas zu fühlen. Ich funktionierte im Leben wie eine effiziente, gleichgültige Maschine. Mein Körper und mein Verstand waren in Ordnung. Aber ich hatte keine Emotionen mehr wie zuvor.
Das Lustige daran war, dass es mir egal war. Mit der Zeit fühlte dieser völlige Mangel an Emotionen sich wie ein Segen für mich an.
Zuerst war ich darüber schockiert. Es schien auf mich wie eine schreckliche Sache. Aber dann dämmerte es mir, in welchem Umfang meine emotionalen Bedürfnisse mich all die Jahre herumgestoßen und manipuliert hatten. Als dieser spirituelle Schock mich im Jahr 2000 traf, lebte ich bereits seit 8 Jahren als das leere «Nicht-Ich» und als der «Nicht-Handelnde.»
Dieser verheerende Schock ereignete sich im Januar 2000. Im Oktober 2000 zog in nach Las Vegas, Nevada. Ich hatte Tages-Visionen – klare Wachträume von einer Stadt mit schillernden Neonlichtern.
Als ich eine neue Fernsehsendung über Las Vegas sah, erkannte ich, dass es der Ort war, der mir (in diesen Visionen) gezeigt wurde. Ich war noch nie zuvor dort gewesen. Ich hatte kein Interesse an Las Vegas, aber die Zeichen waren eindeutig.
Das, was mir als wirklich attraktiv dabei erschien, war der endlose Sonnenschein. Ich hatte genug von dem Dauerregen, der 10 Monate lang in Portland, Oregon vom Himmel fiel.
Ich zog in die Innenstadt von Las Vegas. Das ist der alte Teil mit den alten Kasinos. Ein Kasino war von den frühen 1900ern. Ich mag Geschichte, deswegen gefiel mir dieser Aspekt.
6 Monate lang sprach ich mit niemandem. Es gab nur eine Ausnahme. Ich musste die Angestellten im Supermarkt nach den Preisen fragen. Aus irgendeinem Grund schrieben sie keine Preise auf ihre Waren, deshalb musste ich danach fragen.
Im November 2001 traf ich in Las Vegas meine Frau Linda. Es war ca. ein Jahr, nachdem ich dorthin gezogen war. In jener Zeit hatte ich kein Interesse an Verabredungen, Sex oder einer Beziehung. Es interessierte mich auch nicht, ob ich Freunde hatte, aber da gab es diesen Typ, einen alten TM-Meditierenden, der mich mochte und darauf bestand mich zu treffen. Er war ein Verkaufsmann. Ich konnte nicht «nein» sagen.
Sich nicht zu verabreden oder kein Interesse an einer Beziehung zu haben klingt für dich vielleicht nicht nach einer großen Sache. Für mich war es das aber. Denk einfach an dein größtes, wichtigstes und entscheidenstes Bedürfnis, das du hast. Es könnte Geld, Essen, Ansehen, Liebe, Beziehung, Sex, Abenteuer, Spaß, Meditation oder Gesundheit sein. Ganz gleich, was es ist. Einfach das, was du mehr als alles andere in deinem Leben willst. Andere Dinge könnten gehen, aber nicht dieses eine Bedürfnis.
Jetzt stell dir vor, dieses Bedürfnis würde wie von einer Atombombe einfach weggesprengt. Und an dessen Stelle ist jetzt nur noch Wüste und nicht das geringste Gefühl. Du kannst dieses Gefühl schlichtweg nicht mehr vorfinden. Dein Bedürfnis für diese Sache, diese Erfahrung ist für dich einfach vom Antlitz der Erde verschwunden. Du wurdest mit der Erinnerung zurückgelassen, wie du warst, wie du gefühlt hattest, was du üblicherweise getan hast.
Du bist nicht mehr diese Person. Du wirst sie nie mehr sein. Diese Veränderung ist vollständig, endgültig und für immer. Jenes Bedürfnis ist tot.
Ich brauchte jedenfalls keine Beziehung mehr. Es kümmerte mich nicht, ob es so oder so war. Sex interessierte mich noch. Aber das ganze Partnerschaftsding machte für mich keinen Sinn mehr.
Und ich endete in einer Partnerschaft. Ich heiratete. Aber als ich es tat, fühlte ich noch auf die gleiche Art und Weise. Man könnte diese Erfahrung auch «maximale Gleichgültigkeit» nennen. Ich war in einer Beziehung, aber ich fühlte mich in keinster Weise gebunden. Für mich fühlte sich die Beziehung so frei an, als würde ich in keiner Beziehung sein. Beides war okay.
Ich konnte sie lieben und gleichzeitig war es in der Tat gleichgültig für mich, was geschah. Paradoxerweise war ich dadurch in der Lage noch mehr zu lieben. Ich hatte keine persönliche Absicht, weder bewusst noch unbewusst.
Ich staunte über die Weisheit des Universums. Irgendwie war ich dort gelandet, wo ich sein wollte. Ich wollte schon immer in einer Beziehung sein, ohne mich dabei bedürftig oder unvollständig zu fühlen.
Ironischerweise ist es nur deshalb in mein Leben getreten, weil es mir egal war, ob ich es bekomme oder nicht. Ich brauchte es nicht mehr, deswegen hatte ich es auf einmal. Es war mir wirklich egal, es machte mich nicht glücklicher, obwohl ich jetzt so viel Liebe in meinem Leben erfuhr, dass ich nicht mehr wusste wohin damit.
Du fragst dich jetzt vielleicht, was diese Geschichte von dem Verlust von Liebe und dem Finden von Liebe mit kosmischem Bewusstsein und dem Übergang in die LOC 700er zu tun hat. Manchmal ist das Leben der Guru.
Ich erzähle dir meine persönliche, menschliche Geschichte, weil ich damit aufzeigen möchte, dass der spirituelle Schock, der dich auf die nächste Ebene befördert, in jeder möglichen Form erscheinen kann. ES wird alles in Gang setzen, was nötig ist, um dich aufzuwecken.
Als mein Herz in Portland, Oregon zerbrochen war, beförderte mich dieser Schlag auf eine neue Ebene von Nicht-Anhaftung, die ich durch eigene Anstrengung zuvor nie erreicht hatte. Eine Lebenskrise war notwendig und das war genau das, was mir widerfuhr. Und es ging von dort aus, wo ich es am wenigsten erwartet hatte, dem Bereich der Beziehungen.
(Seiten 334-338)
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